Die internationale Geschichte einer der grössten Staumauern Europas
Die Nutzung der Wasserkraft in der Region beginnt weit vor dem Bau der Stauanlage Emosson. Eine Zeitreise
Anlage Barberine
1920 – 1927
Die Schweizerische Bundesbahnen AG, (SBB), begann im Jahr 1920 mit dem Bau des Kraftwerks Barberine. Diese Stauanlage sollte den wachsenden Strombedarf decken, nachdem die SBB 1913 beschlossen hatten, das gesamte Schweizer Eisenbahnnetz zu elektrifizieren. Die SBB erhielten 1917 eine Wasserkonzession vom Bund. Der Betrieb begann 1927.
Bau der Standseilbahn
1920 – 1926
Um den Transport von Material und Arbeitern auf die Barberine-Ebene zu ermöglichen, wurde eine Standseilbahn mit einem Steigungswinkel von 87 % geplant. Dieses neue Transportmittel dient heute als touristische Attraktion in der Region ! Für die Ausführung dieser für ihre Zeit dantischen Baustelle wurden nicht weniger als 206.000 m3 Beton auf die Alp transportiert. Im Durchschnitt arbeiteten die 400 Arbeiter 11 Stunden pro Tag und konnten so täglich 700 m3 Beton gießen. Am Ende hatte die Stauanlage Barberine eine Höhe von 80 Metern und eine Dicke von 58 Metern am Sockel und 4,5 Metern an der Krone über eine Länge von 250 Metern. Der Speicher erreichte so ein Fassungsvermögen von 40 Millionen m3 Wasser. Die Arbeiten wurden 1926 abgeschlossen.
Stauanlage Vieux Emosson
1952 – 1955
1952 waren der Schienentransportbedarf sehr groß und das Eisenbahnnetz entwickelte sich dementsprechend. Da Barberine nicht mehr ausreichte, um den Bedarf zu decken, wurde entschieden, das Wasser des benachbarten Tals des Nant de Drance aufzufangen und in einem neuen Stausee zu speichern, mit dessen Bau 1952 begonnen wurde. So entstand 1955 die Bogenstauanlage Vieux Emosson (170 m lang und 45 m hoch). Der Speichersee enthält 13,8 Millionen m3 Wasser.
Geburt der Idee der Stauanlage von Emosson
1952 – 1955
Seit dem Beginn des Baus der Stauanlage Barberine waren die Ingenieure angesichts des Potenzials des Barberine-Tals überzeugt, dass ein noch größeres Bauwerk hinter der Ebene errichtet werden könnte. Das Problem war jedoch, eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung zu haben, um eine solche Anlage zu füllen! Das Einzugsgebiet für sich allein bot keinen ausreichenden Zufluss. In dieser Epoche zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war es aus technischen und wirtschaftlichen Gründen undenkbar, die verschiedenen Sammelkanäle zu bauen, die die Stauanlage Emosson heute umfasst.
Die Idee des Stausees Emosson wurde zu Beginn der 50er Jahre im Rahmen eines Vorprojekts durch M. Gross, ein Ingenieur aus Salvan, wieder aufgenommen. Es wurde darüber diskutiert, das Wasser der Dranse d’Entremont, der Dranse de Ferret, des Trients und des Eau Noire zu erfassen, um den Zufluss des Einzugsgebiets von Barberine zu vervollständigen. Ein zweites Vorprojekt wurde der Electro Watt SA vorgetragen, der Firma, die Mauvoisin gebaut hatte und die gute Beziehungen zu EDF unterhielt. Diese Zusammenarbeit mit Electro Watt SA endete 1954, als der Kanton Wallis dem Unternehmen die Mattmark-Konzession zuwies, die ab diesem Zeitpunkt davon absah, sich mit dem Großprojekt Emosson zu befassen. Schließlich wurde die Idee durch die Vermittlung des Bauträgers Albert Maret aus Mauvoisin der Motor Columbus SA vorgelegt. Dies führte zu der Gründung der Gesellschaft Usines hydroélectriques d’Emosson SA im Jahr 1954. Nach diversen geheimen Verhandlungen seitens der Motor Columbus SA übernahm Electricité de France (EDF) die Gesellschaft im Jahr 1955.
Administrative Komplikationen
1955 - 1961
Das gigantische Projekt der Stauanlage von Emosson begann Wirklichkeit zu werden! Dem gingen jedoch lange Jahre des Papierkriegs und administrativer Prozesse zwischen den beiden Ländern voraus, bevor der erste Stein gesetzt werden konnte. Darüber hinaus hätten zwei Ereignisse seine Realisierung beinahe verhindert:
1. Die exzessive Erhöhung der Baukosten.
2. Die günstige Entwicklung der Kernkraft im Vergleich zur Wasserkraft.
Die Wahrung der Interessen der Wasserkraft wurde schließlich unterstützt. Als Spitzenenergie kann sie Mängel ausgleichen und außergewöhnlichen Umständen widerstehen. Eine Regulierungsenergie von hoher Qualität.
1962 wurde die Gesellschaft Atel (Aar et Tessin SA) der Gesellschaft angegliedert. Hierdurch entstand eine französische Beteiligung von 50 % durch die EDF und eine schweizerische Beteiligung von 50 % durch Motor Columbus (25 %) und Atel (25 %).
Vor der Grundsteinlegung muss die Einwilligung der SBB zu der Überflutung ihrer Stauanlage Barberine in einer Wassertiefe von 42 m eingeholt werden. Diese Einwilligung wurde unter zwei Bedingungen erteilt : Die Wasserkraftwerke der Emosson SA mussten ihnen ein pauschales Energieguthaben garantieren und ein frei nutzbares Speichervolumen musste ihnen für die verbleibende Laufzeit ihrer Konzession reserviert werden. Die SBB unterzeichneten 1961 einen Rahmenvertrag, der ihre Konzessionen auf Bundes- und kommunaler Ebene bis 2017 verlängerte.
Verschiebung der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz
1961 - 1967
Nun blieb noch ein Detail zu regeln : die Verschiebung der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz! Durch diesen Gebietstausch lag die Mauer der Stauanlage vollständig in der Schweiz und das Kraftwerk Châtelard-Vallorcine vollständig auf französischem Boden. Dies wurde mit der Unterzeichnung des Abkommens vom 23. August 1963 zwischen den beiden Staaten besiegelt.
Zum Abschluss wurde das französische Konzessionsdekret am 30.12.1966 von Charles De Gaulle unterzeichnet. Usines hydroélectriques d’Emosson SA wurde 1967 zu Electricité d’Emosson SA (ESA) und erhielt die Zulassungen und Konzessionen der Schweiz und Frankreichs bis zum 30.09.2055.
Der Bau der Stauanlage wurde erst am 19. April 1967 genehmigt.
Der Bau
1967 - 1975
Nachdem der Bau der Stauanlage genehmigt worden war, begannen die Arbeiten am 15. Juli 1967. Der erste Beton wurde im September 1969 und der letzte im August 1973 gegossen. Die Stauanlage wurde am 1. Juli 1975 in Betrieb genommen. Die Baukosten wurden 1973 auf 650 Millionen Schweizer Franken geschätzt.
Aufnahme des Betriebs
Von 1975 bis heute
1975 setzte sich das Betriebspersonal wie folgt zusammen: 20 Betriebsmitarbeiter, davon 14 in Bâtiaz und 6 in Vallorcine, sowie ein Betriebsleiter, sein französischer Assistent, zwei Techniker und eine Sekretärin. Die Direktion befand sich nicht vor Ort. EDF stellte der Gesellschaft das Betriebspersonal zur Verfügung und auf der Seite der Schweiz gab Atel die Bauarbeiten in Auftrag.
Die Installationen der Anlage liegen zu 65 % auf Schweizer Boden und zu 35 % in Frankreich, um eine unteilbare Einheit zu bilden, die vom Kraftwerk La Bâtiaz in der Schweiz aus gesteuert wird.
Die Betriebsbuchhaltung wurde am 1. Oktober 1977 eröffnet. Zu diesem Datum zog sich Motor Columbus SA zurück und trat seine Beteiligung an Atel ab. Die Gesellschaft war nun zu je 50 % im Besitz von EDF bzw. Atel.
Im Dezember 2008 ging die Alpiq Gruppe aus der Fusion von Atel und EOS hervor. ESA ist seither ein Partnerwerk zu gleichen Teilen : EDF und Alpiq.
Wir feierten 2015 das 40. Jubiläum der Anlage. Ein symbolhaftes Datum, das die Hälfte der Dauer der Konzession markiert !
Ankunft Nant de Drance
Ein neues Kraftwerk ist seit 2008 im Bau
Die SBB als Eigentümer der Stauanlage Vieux Emosson hatten 1971 die Idee, eine Pumpspeicheranlage zwischen den beiden Stauanlagen zu bauen, um den Höhenunterschied zwischen den beiden Speicherbecken zu nutzen.
Anfang der 70er Jahre schien die Ausführung jedoch in Anbetracht der Größe des Projekts, des Energiebedarfs in der Schweiz und der Entfernung zwischen den Energiequellen der Pumpen und den großen Verbrauchszentren im Wirtschaftsplan verfrüht zu sein.
Anfang des neuen Jahrtausends stand das Projekt in Anbetracht des zunehmenden Spitzenenergiebedarfs insbesondere aufgrund der steigenden Nutzung von Klimaanlagen wieder auf der Tagesordnung. Nach Jahren der Planung wurden im August 2008 schließlich die Konzession und die Baugenehmigung erteilt. Unmittelbar danach begannen die Arbeiten offiziell am 10. September 2008 und eine neue Gesellschaft wurde für die Ausführung und den Betrieb des Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance gegründet. Eine neue Phase wurde eingeleitet, um die zukünftige Versorgung der Schweiz und des öffentlichen Transportwesens sicherzustellen.
Im Anschluss fanden Gespräche zwischen den Gesellschaften Electricité d’Emosson SA (Eigentümer der Stauanlage Emosson), den SBB (Eigentümer der Stauanlage Vieux Emosson) und Nant de Drance SA (verantwortlich für den Bau des neuen Kraftwerks) statt, um die zukünftigen Betriebsbedingungen der drei Anlagen, die insbesondere denselben Wasserspeicher der Stauanlage Emosson teilten, vertraglich zu regeln.
Die Anlage wurde offiziell am 1. Juli 2022 in Betrieb genommen und ihre Einweihung fand am 9. September 2022 statt.