Wasserkraft

Wasserkraft ist einer der Grundpfeiler der Stromversorgung der Schweiz und stellt mehr als die Hälfte der Stromproduktion des Landes sicher. In Frankreich beträgt der Anteil an der Gesamtproduktion 12 %.

 

Vorteile der Schweizer Wasserkraft

  • Das Rückgrat der Schweizer Stromproduktion
    Wasserkraft macht nahezu 60 % (56,4 % 2019) der jährlichen Stromproduktion der Schweiz aus.
     
  • Nr. 1 der erneuerbaren Energiequellen
    2019 stammte der in der Schweiz produzierte Strom zu 56,4 % aus Wasserkraft, während alle anderen erneuerbaren Energiequellen zusammen (Solar, Windkraft, Biomasse etc.) nur etwa 8,4 % der Schweizer Produktion ausmachten.
     
  • CO2 -Emissionen treten praktisch nicht auf
    Die Wasserkraft ist eine der umweltfreundlichsten Energiequellen.
     
  • Eine in großer Menge flexibel und schnell verfügbare Energie
    Sie ist wesentlich für die Stabilität des Stromnetzes.
     
  • Eine indigene und langfristig nutzbare Energiequelle
    Die zu 100 % aus der Schweiz stammende Wasserkraft hat sich seit mehr als einem Jahrhundert bewährt.
     
  • Bereits vorhanden
    188 große Wasserkraftwerke mit mehr als 10 MW installierter Leistung werden in der Schweiz betrieben.
     
  • Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
    Der Sektor beschäftigt mehr als 5000 Arbeitskräfte, hauptsächlich in den Randgebieten. Wasserkraft leistet jedes Jahr wichtige Beiträge zur Gemeinschaft (Gebühren, Abgaben und Steuern) und ist eine touristische Attraktion.
     
  • Ein für die Schweiz prädestinierter Energieträger
    Aufgrund ihrer Topologie, des Klimas und des erheblichen durchschnittlichen Niederschlags bietet die Schweiz ideale Bedingungen für die Nutzung der Wasserkraft.
     
  • Eine der wirksamsten Speicherlösungen
    Überschüssiger Strom kann genutzt werden, um Wasser für die spätere Nutzung in ein Speicherbecken zu pumpen. Darüber hinaus kann im Sommer für den Winter benötigte Energie gespeichert werden.
     
  • Schutz gegen Überschwemmungen
    Die Speicherseen reduzieren Spitzendurchflussmengen um bis zu einem Viertel im Fall von Unwettern und tragen daher zur Reduzierung des Risikos von Überschwemmungen bei.
     
  • Eine mehrfach verwendbare Energiequelle
    Wasserkraft dient darüber hinaus der Wasserversorgung der Haushalte und der Industrie, der Bewässerung in der Landwirtschaft und dem Tourismus.

Die Schweiz wird auch das Wasserschloss Europas genannt – zu Recht, wenn man ihren Energiemix mit den Nachbarländern vergleicht. Wasserkraft stellt 60 % des in der Schweiz produzierten Stroms dar, im Vergleich zu 12,5 % in Frankreich, 3,9 % in Deutschland und 17,8 % in Italien. In Europa ist der Anteil der Wasserkraft im Energiemix nur in Norwegen (95 %) und Österreich (60,1 %) [Stand 2018] höher. Dank der Wasserkraft ist die Schweiz außerdem eines der europäischen Länder mit dem höchsten Anteil an Strom aus erneuerbarer Energie.

Die Wasserkraft der Schweiz spielt eine zentrale Rolle in der Energiestrategie 2050. Der Bundesrat plant, ihr Potenzial noch länger zu nutzen.

Mit ihrer Energiestrategie 2050 plant die Eidgenossenschaft, die jährliche hydroelektrische Produktion zu steigern, um bis 2050 38,6 TWh zu erreichen (37,4 TWh bis 2035). Eine Erhöhung der Produktion aus Wasserkraft von 3,2 TWh entspricht etwa 10 % der aktuellen hydroelektrischen Produktion. Im Rahmen dieser Strategie müssen die bestehenden Kraftwerke renoviert und ausgebaut werden und neue Kraftwerke müssen unter Beachtung der Umweltschutzvorschriften errichtet werden. Die Eidgenossenschaft unterstützt somit die Wasserkraft durch verschiedene Methoden und insbesondere durch Beiträge zur Investition in den Bau oder die Weiterentwicklung neuer Anlagen sowie zeitlich begrenzte finanzielle Hilfen für Hydraulikanlagen, die ihre Produktion auf dem freien Markt verkaufen (Marktprämie). Es sind jedoch noch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Rahmenbedingungen für Wasserkraft nachhaltig und dauerhaft zu verbessern. Das Energiegesetz wird daher zurzeit überarbeitet.

Die meisten hydroelektrischen Anlagen beziehen ihr Wasser aus Gletschern. Dies gilt insbesondere für Speicherbauwerke in den Alpen (direkt) und einen Teil der Laufwasserkraftwerke in den überschwemmbaren Ebenen (indirekt). Der Klimawandel beeinflusst die Vergletscherung in den Einzugsgebieten und somit den Beitrag der Gletscher zu der natürlichen Wasserzufuhr.

Die Gletscherquelle liefert aktuell relativ regelmäßige Durchflussmengen, trägt aber nur 3 bis 4 % der nationalen Produktion bei. Der Gletscherschwund hat somit nur einen begrenzten Einfluss auf die Produktion, selbst wenn sich mittelfristig das Volumen der Wasserzufuhr bis 2040-2050 erhöhen würde, was für eine erhöhte Produktion der am stärksten vereisten Einzugsgebiete spricht. Im Gegensatz hierzu wird die Stabilität der Wasserzufuhr in den Stauanlagen, die heute von der Gletscherquelle bestimmt wird, verschwinden. Je nachdem, ob der Niederschlag in Form von Regen oder Schnee fällt, wird es trockenere und feuchtere Jahre geben. Aufgrund dieser erheblichen Schwankungen werden die Speicher in einigen Jahren nicht gefüllt werden können, während in anderen Jahren zu viel Wasser verfügbar sein wird.

Kurz- bis mittelfristig können Risiken durch Geländebewegungen, Instabilität des Erdreichs, Muren oder Überschwemmungen auftreten. Den Speichern kommt beim Schutz der Bevölkerung vor diesen Gefahren eine wichtige Rolle zu.

Es bestehen jedoch gleichermaßen auch neue Möglichkeiten, dass langfristig neue Gletscherseen in den Absicherungszonen des felsigen Untergrunds entstehen werden, die zur Energiegewinnung aus Wasserkraft genutzt werden können.

Die Produktionskosten von Strom aus Wasserkraft betragen 5 bis 7 Cent pro kWh in der Schweiz. Die Kosten der Photovoltaik oder Windkraft sinken hingegen weiter. Die Wasserkraft scheint daher wenig konkurrenzfähig zu sein.

Jedoch entspricht eine Kilowattstunde Strom aus Wasserkraft nicht einer Kilowattstunde Strom aus Windkraft oder Photovoltaik. Diese Energieträger sind intermittierend und können nur bei Wind oder Sonnenschein Strom erzeugen. Strom aus Wasserkraft ist im Vergleich hierzu sehr viel stabiler und vorhersehbarer. Stauanlagen können genau im gewünschten Moment produzieren. Diese Verfügbarkeit und Flexibilität ist der große Vorteil von Strom aus Wasserkraft. Man darf daher nicht nur die Selbstkosten dieser Energie betrachten, sondern muss auch den Wert für das Energiesystem berücksichtigen.

Der Pumpspeicher ist daher die ideale Ergänzung für erneuerbare Energie. Im Fall einer hohen Produktion aus Windkraft und/oder Photovoltaik können diese Kraftwerke überschüssige Energie speichern, indem sie Wasser pumpen, um die gespeicherte Energie zum gewünschten Zeitpunkt wieder in Strom umzuwandeln.

Geschichte der Wasserkraft in der Schweiz

Für die Bewohner der Schweizer Alpen stellt Wasser neben Holz einen der wenigen nutzbaren Energieträger dar. Zu Anfang wurde die mechanische Energie von Wasserrädern genutzt. Ab 1879 begannen die ersten Wasserkraftwerke mit der Stromerzeugung. Hier beginnt die Geschichte der Schweizer Wasserkraft und der Entwicklung der Stromversorgung unseres Landes. Die ersten Wasserkraftwerke wurden entlang den Bächen und Flüssen errichtet. Nach dem zweiten Weltkrieg verzeichnete die Produktion von Energie durch Wasserkraft einen erheblichen Aufschwung. Bis heute ist die Energie aus Wasserkraft das Rückgrat der Stromversorgung der Schweiz.

 

Das Epos der Stauanlagen

Der Hotelier Johannes Badrutt nahm 1879 in Sankt Moritz das erste Wasserkraftwerk in Betrieb (7 kW, d. h. 0,007 MW), um den notwendigen Strom für die elektrische Beleuchtung seines Hotels Kulm im Engadin zu erzeugen. Die Kunden des Hotels kamen und bewunderten den von sechs Lampen beleuchteten Speisesaal, die Empfangshalle, die Küche und einen Salon. Mit diesem technischen Bravourstück war Badrutt seiner Zeit weit voraus.

Die Industrialisierung der Schweiz brachte einen enormen Anstieg des Strombedarfs mit sich, sei es für die öffentliche Beleuchtung, den Eisenbahnverkehr oder die Industrie. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg verstärkte dieses Phänomen zusätzlich. In dieser Epoche wurden in den Alpen teilweise sehr ambitionierte Projekte zur Nutzung des Wassers realisiert. Das zwischen 1942 und 1947 erbaute Kraftwerk Lucendro am St.-Gotthard-Pass ist ein Beispiel hierfür. In den 1950er- und 1960er-Jahren entstanden mehrere neue Speicherseen. Die Wasserkraft erfuhr nun ihren größten Aufschwung : Nahezu die Hälfte aller aktuell in der Schweiz betriebenen Wasserkraftwerke stammen aus dieser Zeit.

Zu Beginn der 1970er-Jahre lieferte Wasserkraft fast 90 % des in der Schweiz erzeugten Stroms. Mit dem Bau der Kernkraftwerke ging der Anteil der Wasserkraft schrittweise zurück. Die Erzeugung aus Wasserkraft in der Schweiz deckt aktuell mehr als 50 % unseres Strombedarfs und ist damit auch heute noch die Hauptstromquelle des Landes.